Ein Geflecht von natürlichen und künstlichen Wasserläufen überzog das Flachland des Deltas wie ein dichtes, blaues Netz. Um sich leicht und unbegrenzt durch dieses Netzwerk bewegen zu können, benutzten die Menschen einst wie jetzt auch das sog. trupa, ein einfaches Wasserfahrzeug, dessen Name auch die Herkunft entdeckt (trupac = Baumstamm): es entstand als eine einfache Modifikation des uralten Monoxylons oder Einbaums, also eines ausgehöhlter Baumstamms. Sehr leicht, schmal und mit kleinem Tiefgang konnte es sich durch die engsten Kanäle bewegen, und die unzähligen seichten Stellen überqueren.
Außerdem konnte man es leicht über trockene Flächen tragen und wieder ins Wasser gleiten lassen. Daher kam auch der Spruch „Ein wenig ich im Boot, ein wenig das Boot auf mir“. Der Bauer an der Neretva benutzt das Boot zum Angeln, für den Froschfang, zum Sammeln von Blutegeln, damit geht er zur Arbeit, zur Weinlese, besucht seine Freunde, transportiert darin das Viehfutter für das Vieh auf der anderen Seite des Flusses, und manchmal fährt er sogar kleinere Tiere darin, wenn es notwendig ist. Zur Not kann er darunter schlafen oder sich vor dem Unwetter verstecken. Die Menschen hier rufen vor jedem Aufbruch regelmäßig Gott an, meist mit dem Wort „Misisovo!“ („U ime Isusovo“ - „Im Namen Jesu“), und nachts machen sie dazu noch ein Kreuzzeichen mit dem Flusswasser. Das, was für die kontinentale Ebene ein Pferdegespann war, ist für die Neretva der Kahn (lada) - ein mächtiges, robustes Boot, das zwischen seinen breiten Spanten Tagelöhner zur Arbeit und wieder nach Hause brachte, die reiche Ernte transportierte, wenn das Jahr gut war: Gras, Heu, Stroh, Korn, Kürbisse, Honigmelonen, Trauben (die von den Bauern gleich während der Fahrt gepresst wurden), Obst, Gemüse, Holz, Rinder, Pferde und Kleinvieh, den guten Fang an Aalen aus den großen Kanälen, aber auch kostbare Güter wie Möbel, die Ausstaffierung der Braut (dota), und fröhliche Menschen, die zu Festen und Zusammenkünften fuhren. Mit der kroatischen Fahne, oder einfach mit einem Tannenzweig geschmückt, beförderte der Kahn auch stolze Hochzeitsgesellschaften, und begleitete die Verstorbenen zu ihrer letzten Ruhestätte. Seine Bedeutung im Alltagsleben ist nirgends so treffend hervorgehoben, wie im Spruch:“ Für Neretva gibt es nichts außer dem Kahn“. Zu verschiedenen Zeiten hatten die Kähne auch Namen, oft geografische, aber auch Eigennamen. Ein Kahn, der dem Meister vielleicht nicht bestens gelungen ist, oder seinem Eigentümer Mühe beim Rudern bereitete, oder vielleicht auch nur zum Spaß, trug den Namen „Wertlos“. Einbäume und Kähne werden draußen gebaut, im Schatten vor dem Haus, und ihre Bauherren heißen einfach Meister. Das sind meistens die dörflichen Holzschnitzer oder Fassbinder.